Über Mut

„Wow, du bist so mutig. Das könnte ich nicht.“ Diese beiden Sätze habe ich in den letzten Monaten unzählige Male gehört. Sie beziehen sich auf mein Nizza-Abenteuer. Darauf, für sieben Monate alles hinter mir zu lassen und meine Zelte in Südfrankreich aufzuschlagen.

Und wie lautet meine Standard-Antwort darauf? „Wenn ich das kann, kann das jede*r.“

Genau so meine ich das auch. Denn wenn ich diesen Schritt machen kann, kann das jede*r – vorausgesetzt natürlich, dass er/sie das auch wirklich möchte. Wo ein Wille ist …

Gerade in der heutigen Zeit ist es gar nicht mehr so schwer, zumindest für kurze Zeit ins Ausland zu gehen. Es gibt eigentlich keine Frage, keine Situation, die nicht durch eine Google-Recherche unbeantwortet bleibt. Wo soll man wohnen? Es gibt Airbnb mit Langzeitvermietung oder diverse regionale Immo-Plattformen. Ist die Stadt lebenswert? Mit Bilder-Suche, Streetview, endlos vielen Reiseblogs und Bewertungsplattformen kann man sich auch darüber ein Bild machen. Was muss man beachten, wenn man mit dem Auto anreist? Automobil-Clubs und wieder unzählige Blogs beschäftigen sich genau damit. Sogar die Frage, was man in punkto Haustiere im Zielland beachten muss, ist binnen weniger Klicks geklärt.

Die eigentliche Kunst besteht also nur darin, sich die wichtigen Fragen bereits im Vorfeld zu stellen, um dann alles vorbereiten zu können. Und natürlich das dafür notwendige Kleingeld zu sparen. Denn bei allen Vorteilen, die der Auslandsaufenthalt bringt, er ist teuer – insbesondere, wenn man sich ein Land wie Frankreich aussucht.

Ich bin nicht mutig.

Als ich nach Nizza auswanderte, war ich also nicht wirklich mutig, sondern einfach nur gut vorbereitet. Und hartnäckig. Denn vom ersten Plan bis zur tatsächlichen Reise vergingen über zwei Jahre. Zwei Jahre, in denen ich nur dieses eine Ziel hatte, Geld sowie Urlaubstage gespart und sehr viel Zeit mit Internet-Recherchen verbracht habe.

„Du bist mutig.“ Nein, in diesem Fall bin ich das nicht. Das kann tatsächlich jede*r, der*die diesen Wunsch hat.